6. Juli, El Povenir
Wir warten auf den Regen. Weil wir schwitzen und weil das Deck gesäubert werden muss und weil die Haut salzig ist. Am Ende des Himmels ist ein Loch. Zuerst hören wir den Donner, dann sehen wir die Blitze. Als der Regen einsetzt, beginnen wir zu schrubben. Die Tropfen sind groß und reif und sie kommen ohne Wind, so wie es gut ist. Wir schrubben schnell und kräftig, wir sind nass und lebendig und der Donner lässt einen fühlen, was es heißt, klein zu sein. Wenn die Luft salzig ist, schmeckt der Regen süß auf den Lippen.
Die zehrendsten Tage sind die, an denen es nichts zu tun gibt. Die Wolken drücken mit einer ungeheuren Last auf das Schiff. Man hört den Donner, man sieht die Blitze, aber das Unwetter will nicht kommen. Man streift das Deck entlang, zum Bug, wieder zurück, auf das Oberdeck, in die Maschine. Kein Wind, keine Wellen. Dann wieder zum Bug. Jede verstreichende Sekunde ist bewusst. Zum Bug, auf das Oberdeck, in die Maschine, zum Bug. Ein Schwarm Müll treibt vorbei.
Die Wäsche wird noch lange brauchen, bis sie getrocknet ist.
Ich habe ein Maßband, dass man ein- und ausfahren kann. Hin und wieder, meist gegen Abend, wenn ich mich einsam fühle, fahre ich es auf die ursprünglichen einhundertdreizehn Zentimeter aus, um es dann auf das Maß der Tage, die mir noch bleiben, zu kürzen. Es ist gut, sich die Zeit zu visualisieren. Es macht greifbar, was ansonsten unfassbar erscheint. Siebenunachtzig Zentimeter trennen mich und mein zu Hause.