13. Juni, Panama City
Mein Hostel ist eine ehemalige Tanzschule. An den Wänden hängen noch die Spiegel, eine Ballettstange ist auch dort. Ich weiß nicht, ob ich schwitze, oder ob es die Feuchtigkeit der Luft ist, die sich in meinem Brusthaar verfängt. In den ersten Tagen hatte ich verschiedene Geldprobleme. Mein Handynetz funktioniert auch nicht. Mittlerweile hat mir, der Deutschen Botschaft sei Dank, ein Freund einen ausreichenden Betrag geschickt. Ich dachte schon, ich würde auf der Straße enden.
Panama City ist der wirtschaftliche Puls Mittelamerikas. Millionen von Gütern fließen durch den Panama-Kanal in die Stadt und werden dort, gleich einem Adergeflecht, in die umliegenden Landen gepumpt.
Die Stadt atmet Autos. In den Morgenstunden, wenn ich wegen des Jetlags nicht schlafen kann, höre ich die Papageien schreien. Wolkenkratzer belagern den Himmel, riesige Werbebildschirme. Dazwischen kleine Flüsse unter deren Brücken Bauarbeiter dösen. Palmen, Mango- und Papayabäuume.
1671 wurde Panama City vom britischen Piraten-Kapitän Henry Morgan erobert und zerstört, 1989 beendeten die USA gewaltsam die Militär-Diktatur des abtrünnigen Generals Noriega. Das ist es, was diese Stadt auszumachen scheint: Der politische Einfluss der Vereinigten Staaten und die katrige Trunkenheit eines Supermarkt-Rums.
Ich fahre nach Miraflores, das Westende des Panama-Kanals.
Jährlich passieren etwa vierzehntausend Schiffe die Verbindung zwischen Atlantik und Pazifik.
Hier ist er noch, der Duft der Freiheit. Ich sehe Pelikane, wie sie in trägem Flug die Anlage umkreisen. Riesige Containerschiffe werden von futuristisch anmutenden Lokomotiven durch die Schleusen gezogen, wenn sich die Schleusentore öffnen, stoßen die Pelikane nieder, um nach auftreibenden Fischen zu tauchen. Dahinter beginnt der Dschungel.
Ein Foto meines Großvaters zeigt einen alten Dampfer bei der Durchfahrt des Kanals. Ich stehe an etwa derselben Stelle. Morgen werde ich von einem Jeep abgeholt der mich nach San Blas bringt, wo mein Schiff, die „Stahlratte“, auf mich wartet. Die erste Etappe meiner Reise ist erreicht. Von der Wand in der deutschen Botschaft lächelt Joachim Gauck sein beruhigendes Lächeln. Er scheint zu sagen: Mach dir keine Sorgen, Mama.