29. August, Cartagena
Nun habe ich seit 12 Tagen nichts geschrieben. Es ist nicht so, dass ich nichts zu schreiben hätte, es ist viel mehr die Müdigkeit die mich am Abend zur Leselampe führt.
Neben uns liegt das Scientology-Schiff. Eine Lichterkette verbindet Bug und Heck und beleuchtet den Kahn in der Nacht. Alles ist weiß und edel und dabei sehr langweilig. Manchmal haben sie schöne Frauen an Deck, zumindest scheinen sie so von weitem, und dann pfeifen wir und tun sehr männlich und hoffen, dass sie uns ein reiches Erbe vermachen werden. Allerdings scheinen auch sie, wenn wir sie lüstern mit dem Fernglas vom Mastkorb aus beobachten, eher reich und edel und langweilig.
Die Hornhaut an meinen Handballen wirft Beulen. Meine Fingerkuppen stehen millimeterdick in Lack. Der untere Mast, die Brandschutztür zur Maschine und das Heck sind entrostet, die Messe ist neu gemalt, das Holzmobiliar geschliffen und lackiert. Ich möchte wohl wissen, wieviel Liter meines eigenen Schweißes ich in das Holz eingearbeitet habe.
Es ist ein guter Gedanke, dass ein Teil von mir auf dem Schiff bleiben wird, auch nachdem ich es verlassen habe.
Bei den Vorbereitungen der Streich-Aktion habe ich eine Plakete enteckt, die das Schiff im Jahre zweitausend auf den Loggermarkt in Vegesack datiert. Dort bin ich zur Schule gegangen, der Hafen ist in der Nähe von Gül, dem besten Döner des Stadtteils. Vielleicht sind ich und die Ratte uns mal unbewusst über den Weg gelaufen. Auch das ist ein guter Gedanke.
Eins noch:
Meine Geschwindigkeit Kartoffeln zu schneiden hat enorm zugenommen.