12 – Oma, Opa und ich

1. August, Cartagena

Die Zeit zerrinnt so schnell und ehe man sich versieht, werden Deine acht Monate Reisedauer vergangen sein. Ich wäre glücklich, wenn ich nur die Hälfte von dem zu sehen bekommen würde, was Du schon schauen konntest.
Das schrieb meine Großmutter an meinen Opa vor etwas mehr als fünfundfünfzig Jahren.
Sie waren damals noch kein Paar. Opa war heimatflüchtiger Schiffskoch mit unstetem Leben und abgebrochener Ausbildung, der Vater meiner Großmutter Stadtkämmerer der Stadt Geesthacht und nicht sehr begeistert.
Die beiden kannten sich aus der Ausbildung in Flensburg und Opa lief Oma beinahe nach. Wenn er in Deutschland war, suchte er immer ihre Nähe.
Einmal war Oma aufgebrochen, eine Reise zu unternehmen, 1956 nach Jugoslawien, dort hatte sie einen charmanten Mann aus Essen kennengelernt, dann tauchte Opa auf, der ihr hinterher gereist war. Sie machten zusammen einen Strandurlaub, Opa schwärmte von fliegenden Fischen und Oma zeigte Opa, wie man von 3 m einen Köpper macht.
Am 13.01.1958 ließ Opa sich ausmustern. Er war vierundzwanzig Jahre alt, so alt wie ich, seine letzte Heuer Betrug 868 DM und 32 Pfennige. Er zog nach Geesthacht, heiratete meine Großmutter und zog dem Stadtkämmerer eine lange Nase. Er machte viele Kinder, drei, um genau zu sein, und initiierte damit langfristig auch mich.

Das Deck ist gestrichen, die Löcher im Großsegel geflickt. Morgen werden wir Motorräder verladen, aufräumen, übermorgen geht es mit sieben Passagieren zurück nach San Blas. Mein Maßband, dass mich die Tage bis zur Heimreise zählen lässt, ist beinahe auf die Hälfte geschrumpft. Am 2. Oktober werde ich nach Deutschland zurückkehren und nach Leipzig ziehen.

Hab‘ noch vielen vielen Dank für Deine wunderschönen Rosen, schreibt meine Großmutter an einer Stelle. Ich hatte mich sehr zu ihnen gefreut.